Tanya Geisser – Das Leben nach der Skirennsportkarriere

Realisiert mit Skigebiet Engelberg Titlis und den Titlis Bergbahnen

Sie verfolgt zielstrebig eine Profikarriere im Skisport. Doch ihr erstes Welcuprennen ändert alles. Heute ist Tanya Geisser (38) dreifache Mama. Sie bildet Rettungshunde aus, leitet die Physiotherapie der örtlichen Reha, läuft Halbmarathon und investiert in ihren sportbegeisterten Nachwuchs. Eine Geschichte über das Nicht-Scheitern und das Leben danach.

Titlis, 3000 Meter über Meer. Eiskalt weht der Wind die Wolken um den weissen Gipfel. Auf den kleinen Gondeln, die die Touristen – mit Strümpfen und Minirock oder Turnschuhen und Jeansjacken bekleidet – bis fast nach oben fahren, lächeln die Schweizer Skistars: Gisin, Odermatt, Bösch. Sie alle fahren erfolgreich für Swiss-Ski. Gewinnen Rennen und schreiben Schlagzeilen. Unten, etwas von der Talstation entfernt, liegt die Talentschmiede. Die Sportmittelschule, auf der sie alle waren. Bereit, ihre Jugend dem Skirennsport zu verschreiben. «Der Odermatt, wie er als 14-Jähriger kam», erinnert sich Tanya Geisser, «was haben wir grosse Augen gemacht, ein riesiges motorisches Talent!»

2001 wird Tanya Geisser Vize-Juniorenweltmeisterin in der Kombination.

Die 38-jährige Physiotherapeutin ist in der Alpenstadt der Zentralschweiz aufgewachsen, da, «wo die Kinder mit 18 Monaten erstmals auf den Ski stehen und besser Skifahren als Laufen können», sagt sie. Schon sehr früh wusste sie, dass sie das will, Skifahren. Sie nimmt an Animations-Rennen teil – und gewinnt. «Da habe ich Blut geleckt und gemerkt: Ich mache das mega gerne!»

Tanya hat Talent. Sie hat Freude am Skisport. Ein Umfeld, welches sie unterstützt. Und auch sie besucht die Sportmittelschule in Engelberg. Im Europacup-Kader von Swiss-Ski dabei, besteht ihr Leben aus Skifahren. Der erste, grosse Erfolg ist der Titel Vize-Juniorenweltmeisterin in der Kombination. «Alpiner Skirennsport ist eine spezielle Sportart. Man gewinnt die Rennen nicht, weil man die beste Kondition hat, den schnellsten Ski, die beste Linie. So viele Parameter müssen an diesem Tag zusammenpassen.»

Altenmark/Zauchensee 2002. Einer dieser Tage, an denen alles passen muss. Vor Tanya Geisser ausgesteckt liegt die Abfahrt und damit ihr Traum, auf den sie so lange hingearbeitet hat: Der Ski-Weltcup! «Ich war riesig nervös, gleichzeitig war es mega schön. Ich war dort, wo ich hinwollte». Die Kälberlochstrecke gilt als eine der anspruchsvollsten im Damen-Skiweltcup. Tanya startet auf Position 78 für die Schweiz.

«Entweder du bist ein Rennpferdchen oder nicht. Wer das nicht ist, schafft es gar nicht bis ganz nach oben», sagt die gebürtige Engelbergerin. «Ich bin ein Rennpferdchen, ja, sehr.»

Sie schafft es. Nach oben. Sie kann ein Weltcup-Rennen fahren – und noch viele mehr sollten folgen. Doch an diesem Tag passt nichts zusammen. Gar nichts. Ihre Ski greifen die Kurve nicht – wie man später feststellt, haben sich die Schrauben, welche Bindung und Ski halten, gelöst. Das orange Netz am Pistenrand fängt Tanya auf. «Zuerst erschrickt man. Macht den Bodycheck. Fühlt, irgendetwas tut weh. Als Spitzensportlerin hat man ein gutes Körpergefühl. Man merkt schnell, wenn etwas nicht gut ist.»

Das Kreuzband ist gerissen. Bereits zum dritten Mal. Zehn Monate fällt sie diesmal aus. Eine verhältnismässig kurze Rehabilitationszeit, wie sie sagt. Aber sie merkt: Nach diesem Sturz hat sich etwas verändert. «Wenn man Ski fährt, geht man weit über die Grenzen hinaus. Man gibt immer mehr als 100%, wenn man gewinnen will. Sucht die absolut schnellste Linie, die man vom ersten bis zum letzten Tor ziehen kann. Man riskiert alles. Ich war nicht mehr bereit, 150% zu geben. Mein Vertrauen in mich, in das Material, war weg.»

«Mit dieser Haltung gewinnt man nicht mal mehr einen Blumentopf.»

Sie erklärt den Rücktritt vom Spitzensport. Was ihr schwer fällt und wiederum auch nicht. «Ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht», so Tanya. «Das schmerzt. Aber da liegt ein neues Leben vor einem. Eines, das man noch nie gehabt hat.»

Tanya Geisser ist ehemalige Skirennfahrerin und lebt heute in Engelberg. | Bild: Engelberg Titlis-Tourismus Jana Fuchs.

Klostermatte 2023. Das neue Leben. Auf dem Zauberteppich des Kindersnowparks unterhalb des Titlis steht Tanya mit ihrer Hündin Nala. Nala ist zehn Monate alt und künftige Rettungshündin, die Tanya und ihr Mann ausbilden. «Sie muss lernen, zwischen den Ski zu fahren, ohne dass sie sich an den Kanten verletzt». Langsam rutscht sie mit Nala den Anfängerhügel hinunter. Gibt Befehle. Belohnt. Nala macht ihre Sache gut.

Hündin Nala muss üben. Tanya und ihr Mann René Geisser sind mit ihren drei Hunden in der Lawinenrettung aktiv.

«Die Ausbildung von Rettungshunden braucht sehr viel Disziplin, viel Zeit und Leidenschaft. Ein Tier ist kein Roboter», sagt Tanya. Drei Hunde hat sie. Mit allen dreien arbeiten sie und ihr Mann in der Lawinenrettung. Und sie haben eine Familie. Drei Kinder zwischen drei und sechs Jahre alt. Eins, das jüngste, fährt gerade mit den Ski zu ihr, muss dringend aufs Klo. Für den Moment ist die Hundeübung beendet. Tanya stapft mit Hund und Kind durch den Schnee in Richtung Restaurant. Einmal WC-Pause, einmal den kindlichen Zuckerspiegel heben und aufwärmen.

Während viele ihrer Mitstreiterinnen nach dem Rücktritt aus dem Spitzensport eine Krise haben, weil «ihnen der Sinn des Lebens abhandengekommen ist», war das bei Tanya anders. «Klar, zum einen habe ich es vermisst», gesteht sie. «Andererseits hat mir das so viele Türen geöffnet.» Nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin eröffnet sie 2013 eine eigene Physiopraxis, bevor sie mit einer 50%-Anstellung die Leitung der Physiotherapie des Reha-Zentrums in Engelberg übernimmt.

Seit der Geburt des dritten Kindes läuft sie wieder Halbmarathon und macht intensiv Yoga. «Ich trainiere um 5.30 Uhr, was wohl einige verrückt finden. Aber das ist meine Stunde, die ich nur für mich habe. Bevor der Zirkus zuhause losgeht.» Sie sei so viel ausgeglichener und belastbarer, wenn sie sich auspowern könne.

«Mein Mann tickt genauso. Wir sagen oft zueinander: Für gewisse Menschen scheint unser Lebensstil verrückt, aber es muss für uns stimmen. Und für uns stimmt das so!»

Tanya und René Geisser mit ihren drei Kindern und den drei Hunden. | Bild: Engelberg-Titlis Tourismus Jana Fuchs

Als Spitzensportlerin musste sie morgens aufstehen, sieben, acht Stunden traineren und sich in Hochform bringen. Der Alltag war durchgetaktet und regelmässig wurden die Athletinnen auf ihren Formstand getestet. Was Tanya damals auszeichnete: ihre Zielstrebigkeit. Etwas, was auch heute noch spürbar ihren Mama-Alltag prägt. «Zu sagen ‚Jaja, schauen wir mal…‘, so ticke ich einfach nicht. Dafür bin ich zu wenig entspannt.»

Entsprechend lebt sie ihr ‚Leben danach‘. Vereinbart bestmöglich Familie, Arbeit, Rettungshunde und Sport. «Ich mache das alles mit grosser Leidenschaft. Ich bin gern gefordert und fordere auch.»

«Ich suche die Abwechslung und bin ein kleiner Perfektions-Junkie», sagt Tanya über sich. «Wenn ich etwas anpacke, dann gebe ich 120%.»

Die Zielstrebigkeit ist geblieben. Die Ziele hat sie dem Leben angepasst. «Ich liebe die Vielseitigkeit. Als dreifache Mama habe ich sehr hohe Ansprüche, meinen unterschiedlichen Kindern gerecht zu werden und sie zu anständigen Menschen zu erziehen.» Und wie alles nimmt Tanya auch diese Aufgabe sehr ernst. Sie will ihren Kindern bieten, was bereits ihr ermöglicht wurde: Das Ausleben ihrer Begabungen. «Meine Eltern haben sich ein Bein ausgerissen, um mir alles möglich zu machen. Mit der Vorgabe, dass man mit Herzblut dahinter ist und das durchzieht.»

Mit Tochter Lina teilt tanya die Leidenschaft fürs Skifahren und generell für alles Sportliche. Hier am Biketrainingtag.

Entsprechend sollen auch ihre Kinder das machen dürfen, wofür ihr Herz brennt. «Klavier spielen, alles», sagt Tanya. «Bloss weil halb Engelberg Ski fährt, müssen wir das nicht auch machen. Wir fragen uns immer: Was wollen wir und entspricht das unseren Kindern?» Doch erstaunt es wenig, dass man Tanya inzwischen wieder an Skirennen antrifft. Die älteste Tochter Lina ist auf dem besten Weg dazu, ebenfalls Skirennfahrerin zu werden. «Sowas muss zwingend von ihr kommen. Denn es bedeutet so viel Aufwand und Arbeit, wenn das nicht deine grosse Leidenschaft ist, funktioniert das nicht.» Sie erlebe immer wieder Eltern, die diesen Sport gemacht und nicht erreicht hätten, was sie wollten. Wo die Kinder nun in die Bresche springen sollen. Aber sie weiss:

«Das funktioniert nur bedingt. Spätestens in der Pubertät sagen die Kinder Tschüss».

Sowas wie Scheitern gibt es bei Tanya nicht. Nicht, weil sie keine Tiefpunkte erlebt. Eher, weil sie sich in ihrer sportlichen Karriere oft wieder zurückkämpfen musste. «Natürlich läuft nicht alles wie am Schnürchen. In schwierigen Momenten gehe ich back to the roots. Schaue, was funktioniert, was nicht und beginne von da wieder aufzubauen.» Der Sport, davon ist Tanya überzeugt, sei die beste Lebensschule. Weil man lernen muss, mit Rückschlägen umzugehen.

«Man hat zwei Möglichkeiten: Entweder man gibt auf oder man packt es an und wird stärker. Ich habe gelernt, mich zu analysieren, nicht zu fest emotional zu sein, weil sonst geht man irgendwann unter im Ganzen.»

Titlis, 3000 Meter über Meer. Der Wind hat die Wolken verweht und die Sicht auf die umliegenden Berggipfel freigelegt. Die kleinen Gondeln fahren die Touristen hinunter nach Engelberg. Auf keiner der Gondeln ist Tanya Geisser abgebildet. Dafür war sie zu wenig lange ganz oben. «Das stresst mich gar nicht», sagt Tanya, «wenn ich darauf Michelle oder Dominique sehe, eine ganz liebe Freundin. Bei jedem Athlet, der dort oben ist, steckt so viel Arbeit drin. Man steckt so viel zurück. Es ist eine riesen Freude, dass die das so packen können.»

Als Ende 2022 Beat Feuz seinen Rücktritt vom Skirennsport erklärte, hat Ex-Skirennfahrer Carlo Janka gesagt: «Weisch Beat, Skirennsport ist der kleinste Teil des Lebens, der grösste Teil kommt erst jetzt.» Und Tanya weiss: «Das versteht man in dem Moment nicht, aber mittlerweile weiss ich: Das stimmt!»

Auch als Nichtprofi kann man in Engelberg Skifahren

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Engelberg Titlis-Tourismus und den Titlis Bergbahnen

Engelberg ist zentral gelegen und schnell erreichbar. Das charmante Städtchen verfügt über die ganze Basisinfrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, Apotheke, Sportgeschäfte, Restaurants, etc.).

Skifahren kann man sowohl auf der «Titlis-Seite», über den Trübsee hinauf zum Titlis oder dem Jochpass. Beides eher für geübte Schneesportler geeignet. Auf der Mittelstation Trübsee gibt es ein Kinderland mit Zauberteppich, Schlitten und Tubes, sowie e-Snowmobiles und Verpflegungsmöglichkeiten (inkl. Pic-Nic-Tische und Kinderecke). Bei der Talstation Klostermatte, ohne Gondel erreichbar, hat es einen idealen Hang für Anfänger bis leicht Fortgeschrittene. Auch hier gibt es Verpflegungsmöglichkeiten (unsere Kids mochten den Globi-Burger im Restaurant Oz). Weiter hinauf ins Kinderland und ins Skigebiet «Brunni» geht’s von da mit der Gondel.

Das Schlechtwetterprogramm präsentiert sich absolut kindertauglich: Zwei verschiedene Hallenbäder (unsere Kinder fanden beide super), Eiskunstbahn, Kino, Kutschenfahrten oder Langlaufloipen.

Die Preise bewegen sich im üblichen Rahmen für Schneesportdestinationen, wobei es für Familien und/oder Frühbucher spezielle Angebote gibt.

Wettbewerb (beendet)

Wir verlosen einmal vier Übernachtungen im ‚Titlis Resort‘. Einer Unterkunft, perfekt gelegen für Familien mit Bergliebe – ob mit oder ohne Schnee.*

 

Einschränkungen:

  • Gültig für eine Familie (2 Erwachsene plus Kinder)
  • Auf Anfrage und nach Verfügbarkeit. Sperrdaten sind Weihnachten-Neujahr und der ganze Februar.
  • Ab Ausstellungsdatum ist der Gutschein drei Jahre gültig
  • Der Wettbewerb endet am Freitag, 10. Februar 2023. Keine Korrespondenz, keine Barauszahlung und Rechtsweg ausgeschlossen.
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