Seit ich Mutter bin, habe ich maximal zehn Tage alleine nur mit meinen Kindern verbracht. Denn allermeistens teile ich nicht nur mein Mama-Sein, sondern auch meine Wohnung mit anderen. Konkret mit der anderen Familie, die mit uns im selben Haus wohnt. Unterste Etage, Küche, Ess- und Wohnzimmer, so wie der Garten wird geteilt. Wir kochen und essen gemeinsam. Vier Erwachsene und fünf Kinder am Tisch. Fünf Jungs – das heisst: Leben in der Bude.

Zwei dieser Jungs sind meine. Und diese zwei fordern mich und vor allem meinen Sinn für Ordnung ganz schön heraus.

Wenn es nach mir ginge, würde unser Zuhause aussehen, als hätte darin eben ein Shooting für ein Einrichtungskatalog stattgefunden. Pinterest- und Instagram-tauglich. Ich liebe schöne Dinge. Ich mag es stilvoll. Ausserdem mag ich es strukturiert und organisiert.

Von Unordnung krieg ich Pickel.

Doch da sind die Jungs. Der Grosse liebt es, Spielsachen und anderes (beispielsweise Binden und Tampons oder die Dreckwäsche) in der Wohnung zu verteilen. Vorzugsweise auf dem Boden. Und vorzugsweise ÜBERALL. Der Kleine, gefühlt gerade erst geboren, kommt in Kürze in die «ichmussallesentdeckenundausräumen»-Phase.

Kinder und meine Vorliebe für Ordnung, Planung und Stil. Lässt sich super miteinander vereinbaren. Nicht.

Meine Kinder können auf ein stilvolles Zuhause verzichten. Es ist ihnen gar piep egal, wie es bei uns aussieht. Sie verursachen Unordnung und Chaos. Das bedeutet für mich Leben am Limit.

Chaos macht mich derart nervös, dass ich ständig hinter ihnen herräume und versuche, die hochgeliebte Ordnung wiederherzustellen. Ohne grossen Erfolg. Jedenfalls nicht, solange die Kinder wach sind. Kaum sind die kleinen Chaosmacher im Bett, räume ich auf und geniesse für einen Moment die Ordnung. Bis es am nächsten Tag von vorne los geht.

Meine Jungs sind nicht nur Chaosmacher, sondern auch Profi darin, meine gut durchdachten Pläne zu durchkreuzen.

Mein Plan wäre es beispielsweise, nachts mindestens sieben Stunden zu schlafen.

Seit der Geburt unseres zweiten Sohnes gibt es Schlaf für mich nur noch im Traum. Augenringe ahoi.
Wie man mit so wenig Schlaf überleben kann? ICH WEISS ES NICHT.

Langsam lerne ich zu akzeptieren, dass es bei uns Zuhause nicht immer aussieht wie bei Pinterest oder Instagram. Und dass meine Pläne häufiger durchkreuzt als umgesetzt werden.

Damit kann ich mich mal mehr mal weniger abfinden.

So gut geplant und organisiert ich es mag, meine berufliche Laufbahn verlief bisher absolut nicht gradlinig.

Ich arbeitete insgesamt knapp zwei Jahre in einer Kinderkrippe – danach dachte ich tatsächlich, dass ich mich mit Kindern auskenne. Es folgte eine Lehre als Floristin. Die reformierte Kirche stellte mich für ein paar Jahre als Jugendarbeiterin an und liess mich auf Teenager und Konfirmanden los. Schliesslich fand ich meine grosse (Job-)Liebe beim Radio – ich wurde Radiomoderatorin.

Radiomoderatorin bin ich auch heute noch. An zwei Tagen die Woche wechsle ich vom ganz normalen Alltags-Wahnsinn ins Radiostudio. Über diese Abwechslung bin ich gottenfroh. Denn obwohl ich das Leben mit Kindern liebe – manchmal bin ich heillos überfordert und geniesse einen Tag hinter dem Bildschirm oder dem Mikrofon. Ohne Chaos.

Wieder Zuhause übe ich mich darin Prioritäten neu zu setzen, Unvorhersehbares zu akzeptieren und mich selbst nicht immer so ernst zu nehmen.
Ausgelernt habe ich noch nicht. Aber ein wenig gelassener bin ich in diesen knapp drei Jahren als Mutter bereits geworden.

Und wenn dann doch die Unordnung mal wieder überbordet. Und die Tampons unseren Wohnzimmerboden bedecken, atme ich tief durch und umarme das Chaos.

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