Mein Kopf platzt. Jetzt.
Ständig quäkt mir Pingu ins Ohr. Oder Papa Moll. Oder Kasperli. Oder alle zusammen gleichzeitig. Aus jedem Kinderzimmer einer. In einer Lautstärke, die mich befürchten lässt, dass meine Kinder spätestens in einem halben Jahr gar nichts mehr hören. Haben sie doch bereits jetzt damit Probleme – zumindest dann, wenn ich sie rufe oder um etwas bitte.
Doch mit den Hörspiel-Figuren nicht genug.
Da sind die Kinder selber. Deren Stimmen in Gequäke und Geweine und Lautstärke denen ihrer Hörspielfiguren in keiner Weise nachstehen.
Gefühlt im Sekundentakt. Aber ganz sicher im Minutentakt weint einer. Ruft mich einer. Will einer was von mir.
«Mama mach!»
«Mama komm!»
«Mamaaaaaa!»
Ich werde geheissen Dinge zu entwirren, Dinge zu suchen, Streit zu schlichten, über die Schuld der Geschwister zu richten. Essen zu besorgen, Trinken nachzufüllen. Windeln zu wechseln oder Füdli zu putzen. Ich muss Beihilfe leisten zu Hörspielauswahl, ich muss Werke bestaunen. Ich muss trösten, schimpfen und bewahren.
An Tagen wie heute macht mich das alles wahnsinnig nervös.
Ich komme zu nichts. Aber immer überall hin, wo ich gerade gerufen werde.
Habe nach drei Stunden das Gefühl, noch nichts geschafft zu haben, obwohl ich in den Zwischenzeiten, in denen ich nicht Befehle oder Zwangsläufigkeiten ausführe, durchaus Dinge erledige. Wäsche waschen zum Beispiel. Oder in drei Etappen das Wohnzimmer staubsaugen. Oder Kochen, ich habe sogar gekocht. Mit zwei nonstop nörgelnden und weinenden Kindern. Und durfte wählen zwischen einem Gränni-Kind (weinenden Kind) gleich an meiner Seite, was bedeutete, dass die anderen beiden mehrheitlich zufrieden waren. Oder zwei Gränni-Kinder im Wohnzimmer. Die sich zu Not noch gegenseitig die Köpfe einschlugen, was dazu führte, dass ich zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her rannte und mich noch gestresster fühlte, als ich ohnehin so war – selbst wenn ich mit dem Hinrennen so lange wartete, bis wohl wirklich die allerschmerzenste Grenze von K3 oder K2 erreicht waren.
Diese Dauerbeschallung und Dauerbeschäftigung kann ich heute gerade sehr schlecht wegstecken.
Eigentlich würde ich nämlich ganz gerne tauschen. Den Hörer in die Hand nehmen und laut «Mama» (an)rufen. Auf den Boden liegen, wie das ein Kind während des gestrigen Spaziergangs getan hat, und auch dann nicht aufstehen, wenn mich eines an den Hosenbeinen zerrt, das andere auf meinen Innereien rumtrampelt und das dritte sich auf meinen Kopf setzt und begeistert «Hüüü» ruft.
Was verrückt ist dabei?
Ich will sie trotzdem nicht loswerden, diese Menschen, die mich mit ihrer lautstarken Dauerpräsenz in meine Wohlfühlzone derart massiv eingrenzen, dass diese Zone quasi inexistent ist.
Nur den Pingu und all die übrigen penetranten Hörspielfiguren, die können von mir aus in ihr Kasperliland verschwinden und nie mehr in meiner Gegenwart auftauchen.
Bild: Oleg Laptev Unsplash
Hat nicht nur den Master in Psychologie. Sondern ist auch Master im Desaster, was ihr als Aufsichtsperson von vier Kindern sehr gelegen kommt. War mal Journalistin in Zürich, jetzt ist sie freischaffende Mutter in Bern.