Vollzeitvater. Der Hausmann.

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über «Vaterrollen und Vollzeitväter»

Türsteher war er bei der Geburt des ersten Kindes. Seit das Kind da ist, steht er an der Türe und winkt seiner Frau nach, wenn sie arbeiten geht. Stefan Mühlebach ist Hausmann von Beruf, auch wenn er – seit die zwei Mädchen älter sind – wieder Teilzeit auf dem Bau tätig ist.

Der Karrierestart als Hausmann ist dem eines Vaters ähnlich: Du wirst ins kalte Wasser geworfen. In der Planungsphase hast du deine Vorstellungen – dann ist es soweit und das erste Fazit lautet: Vergiss deinen Masterplan. Nichts, aber auch gar nichts wird mit einem Bebe so laufen, wie du es dir vorgestellt hast.

Wie, DU bleibst Zuhause? Traust du dir das zu? Kann deine Frau das nicht? Verdienst du zu wenig? Bist du zu faul um zu arbeiten?

Dass mein «Zuhausebleiben» so viele Fragen aufwirft, hätte ich damals nicht erwartet. Dabei lag für uns dieses Familienmodell auf der Hand. Meine Frau liebt ihren Beruf als Pflegefachfrau und für mich war schon vor der Familienplanung klar:

Ich werde Hausmann.

Zudem war mein damaliger Job als Türsteher nicht gerade familientauglich. Viel zu besprechen hatten wir also nicht.

Als wir unser Familienmodell bekannt gaben und unseren Plan, dass meine Frau sechs Monate nach der Geburt unserer Tochter 2010 wieder 100% arbeiten geht und ich Zuhause bleibe, für unser Umfeld eine Überraschung

2013 – das Umfeld hatte inzwischen Zeit, sich daran zu gewöhnen – kam die zweite Tochter zur Welt und stellt euch vor, ich kümmerte mich weiterhin um Kinder, Haus und Garten.

Einzig das Bügeln überlasse ich meiner Frau, denn darin bin ich ziemlich talentfrei.

Jeden Morgen stehe ich zwischen fünf und sechs Uhr auf, geniesse erst mal in Ruhe den Morgenkaffee ohne das Gedudel von Kunz und Trauffer. Ich manage so ziemlich alles. Sind die Mädchen ausser Haus, also während der musikfreien, bastelfreien und mädchenfreien Zeit, kümmere ich mich um die Gartenpflege, das Haus, helfe bei den Nachbarn aus oder wage mich an den Ämtliplan meiner Töchter. An den sie sich sogar ab und an halten. Nach gut neun Jahren Mädchen-Papasein, habe ich einen sehr guten Überblick über all den Mädchenkram.

Oder welcher Nicht-Papa-Mann kennt schon alle Barbapapas beim Namen und weiss ihre jeweiligen Stärken?

Oder dass es in der Migros Mädchenkleider nur bis zum 140gi gibt (wieso auch immer). Ich kann mit Stolz sagen, dass ich inzwischen ein Meister im Fingernägel lackieren bin, zudem bürste ich Chruseli ohne dass zupft und ziept und Bobolis behandle ich mindestens so liebevoll wie es eine Mama tun würde.

Nach diesen ersten Erkenntnissen und einem beginnenden Abfinden mit dem Papa-Alltag, kam ein weiterer Faktor hinzu, mit dem ich nicht gerechnet hatte:
Männer, welche nicht Hausmänner sind. Sobald ich meine Jobsituation erläutere, ernte ich einen ersten, irritierten Blick. Gefolgt von Fragen wie:
Wieso arbeitest du nicht richtig?
Kann das deine Frau nicht?
Von was lebt ihr dann?

Nach drei/vier solcher Aussagen habe ich mir dann ein paar Routinesätze zurechtgelegt. Damit konnte ich einiges klarstellen und dachte: «Jetzt bist du Profi, komme was wolle».

Und was kam? Ein Rudel Supermamis.

Geh‘ mal als Hausmann mit einem schreienden Kleinkind in die Migros. Die Situation an sich ist ja schon ziemlich blöd. Aber die Blicke der Mamis, insbesondere derer, 50/60+, Kinder erwachsen oder zumindest aus dem Gröbsten raus, die sind echt nervig. Im Idealfall kommen dann noch ein «Also mein Kind hat das NIE gemacht!». Entweder haben diese netten Damen schon  ordeli Demenz oder ein erfolgreiches Verdrängungsprogramm am Start.

Und die Blicke. Scheisse, habe ich diese Blicke gehasst.

So von-oben-herab-Blicke, mitleidige Blicke oder «Der-kann-doch-nicht-mit-Kindern-umgehen- Blicke».

Darf man so einer Tante eigentlich mal eine Ohrfeige geben? Quasi aus Notwehr? Auch wenn Mann eine Frau nicht schlägt? Weil, als Hausmann bin ich ja kein richtiger Mann…

Inzwischen hat sich das etwas gelegt.

Jetzt, da die Mädchen im Kindergarten und der Schule sind, arbeite ich zudem rund 40% auf dem Bau als Allrounder und als Bestatter auf Abruf.

Ein 40%-Job als Büetzer ist quasi ein Novum in der Baubranche, das einen verständnisvollen und flexiblen Chef voraussetzt.

Als Abwechslung zum Mädchen-Papa-/Hausmann-Alltag fröne ich unter anderem meinem grossen Hobby: Der freiwilligen Feuerwehr. Und wenn ich als Samichlaus mit der Chlausgesellschaft unterwegs bin, sehe ich doch Allerei und Allerhand. Das hat etwas Beruhigendes, denn so weiss ich, nicht nur bei mir, dem Mädchen-Papa/Hausmann geht es ab und zu chaotisch zu und her.

Und damit der Mann in mir in all dem Mädchenkram nicht untergeht, treffe ich mich fünf bis sechs Mal im Jahr mit dem Bierclub im Wald zu einem Grill- und Bierplausch. Frauen und Gemüse sind da strikt verboten. Früher war sogar Teller und Besteck verboten, aber wir Männer werden halt auch nur älter.

 

Weitere Beiträge zur Serie zum Thema Väter und Vereinbarkeit:

In der aktuellen Podcastfolge reden Evelyne und Janine zudem darüber, wie sie Vereinbarkeit in ihrem Alltag erleben – oder eben nicht.

Wer sich zudem für die ‚weibliche Seite‘ der Vereinbarkeit interessiert, kann hier schmökern:

Bild: Tina Bo Unsplash

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