Umarme das Chaos, sagen sie. Oder auch: Das bisschen Dreck – lass dich davon nicht stressen.
Du musst gar nichts beweisen. Du darfst unperfekt sein.
Mol!
Im Fall. Mich stresst Dreck.
Und zwar massiv.
Ich hasse Dreck.
Ich hasse Unordung.
Ich hasse Chaos.
Und ich putze nicht für die andern. Damit die finden, ich hätte eine potztausend aber potzblitzblanke Wohnung. Mich rühmen für meine Fähigkeiten, Kinder und Haushalt tatsächlich unter einen sauberen Hut zu bringen. Merci, ich hab im Fall auch noch andere Fähigkeiten, auf die ich wesentlich stolzer bin.
Nein, ich putze vor allem für mich.
Darum kann ich Dreck auch nicht einfach ignorieren.
Seit ich Kinder habe, bin ich jedoch nonstop von Dreck umgeben. Nicht nur das, der Dreck ist sogar auf mir drauf. In Form von Flecken, manchmal undefinierter Art. In der zugegeben süssen Form von Patschhändchen, die wer weiss alles schon berührt haben und mich nun ungewaschen liebkosen. Huch! Bäh!
Ich bin toleranter geworden. Kind hat auf den Teppich uriniert. Etwas Seifenwasser darüber, trocknen lassen. Passt schon.
Woran ich mich jedoch nicht gewöhnen kann, dass Putzen – und ich hasse Putzen fast so sehr wie ich Dreck hasse – für nichts ist. Das Ablaufdatum eines blitzblanken Bodens, frischt gesaugt und frisch gewischt – ist kürzer als alles, was in meinem Kühlschrank aufs Gegessenwerden wartet.
Apropos.
Auch mein Kühlschrank ist nonstop dreckig. Küche – das wollt ihr gar nichtwissen. Das Auto sieht aus wie eine Müllhalde. Vor meiner Haustüre finde ich zuweilen Krümel, ausgetrocknete oder faulende Zvieri-Reste. Und ich sehe es an den erstaunten Blicken, wenn ich mal wage zu sagen, ich hätte dann übrigens vor einer Stunde alles Bakterien- und keimfrei geputzt. Das glaubt dir keiner. Du würdest es ja selbst nicht glauben, hättest du nicht auf deinen eigenen Knien in deinem eigenen Schweiss die eingetrockneten zerkauten Cracker-Krümel weggeschrubbt.
Ich will ja keinen klinisch reinen Haushalt, der so aussieht, als würden hier zwei maximalpenible, hobbylose Erwachsene wohnen. Ich toleriere Spielzeug unter dem Sofa. Einen angebissenen Reiscracker in einer Ecke, wo ihn ein Kleinkind bei Gelegenheit findet und auf seine Art entsorgt. Von mir aus auch Kinderkleider, die am Nachmittag Reste vom (Z)Mittag aufweisen.
Aber ich will dieses Chaos nicht umarmen. Ich will auch das Kleinkind nicht umarmen, das alles, was sich verteilen lässt, in der Wohnung verteilt. ALLES.
Ich will nicht hypern. Nicht hypersensibel tun. Und hypernervös jedesmal sofort hochspringen, wenn ich verdächtige Geräusche seitens Kleinkinder höre. Obwohl sich leider gezeigt hat, dass, wenn ich es nicht tue, es noch mehr Chaos zum Umarmen gibt.
Ich will auch kein Putzexperte werden. Weder für Öl und Sirup auf Boden. Noch selbiges auf Kleidung. Nicht für Putzmittel, für Putzarten, für Verputz-Putz.
Das einzige, was ich wirklich will.
Wirklich.
Eine Putzfrau. Einmal in der Stunde. Mindestens.
Hat nicht nur den Master in Psychologie. Sondern ist auch Master im Desaster, was ihr als Aufsichtsperson von vier Kindern sehr gelegen kommt. War mal Journalistin in Zürich, jetzt ist sie freischaffende Mutter in Bern.