Stillen ist wunderbarst

Olivia Abegglen

Olivia (30) ist Mama von zwei Jungs und bloggt seit 2015 auf www.fraeuleintiger.ch über alles was sie im Mamaalltag beschäftigt, inspiriert oder anregt. Ehrliche Worte sind ihr wichtig, Humor, Selbstironie und tolle Erinnerungen an diese wunderbare und zugleich intensive Mamazeit.

Zweieinhalb Jahre alt war er, als der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit bei mir aufkam. Und in den Sommerferien im Wohnwagen hat es sich gleich so ergeben. Körper und Geist haben wohl zusammengespielt.

Seither stille ich nicht mehr.

Generell finde ich, dass grössere Umstellungen wie das Trocken werden, Nuggi verabschieden usw. oftmals viel Aufmerksamkeit und Fürsorge benötigen. Da ist es gut, wenn man so was in den Ferien oder weniger hektischen Tagen angeht und man sie dann besser oder zumindest gelassener begleiten kann. Oder – wie beim Abstillen bei uns – genug Ablenkung vorhanden war.

Dass ich so lange stille, war ganz und gar nicht geplant.

Das erste Kind konnte ich knapp sechs Monate stillen – danach hatte ich nicht mehr genügend Milch. Stress, starke Gewichtsabnahme, eine postnatale Depression und grosse Veränderungen waren bestimmt nicht ganz unschuldig daran. Damals war ich schon sehr froh, dass ich es überhaupt so lange geschafft hatte.

Bevor ich Kinder hatte, fand ich stillende Mütter mit Kindern, die bereits gehen konnten, eher komisch.

Aber Mamasein verändert, oder ist eine Reise. Sag niemals nie. Inzwischen würde ich von mir sagen, ich bin eine einzige Grauzone und sehe nicht alles Schwarz oder Weiss. Ich lasse mich oft von meinem Gefühl und dem nötigen Background-Wissen leiten.

Entsprechend habe ich bei meinem zweiten Kind auf mein Bauchgefühl und mein Herz gehört und mir die Erfahrungen vom ersten Mal Mamawerden zu Gute kommen lassen. Denn auch beim Stillen finde ich es extrem praktisch, mit mehr als einem Kind gesegnet worden zu sein. Die Brustwarzen wurden schon mal aufs Übelste malträtiert. Dorthin wollten sie und ich keinesfalls mehr. Ganz im Sinne von «been there done that».

Deshalb hatte ich beim zweiten Mal vorgesorgt. Ein Dutzend kühlende Hydrogelpflaster, eine Hebamme, die zugleich auch Stillberaterin ist und zuhause alles in Ruhe «versorgen» konnte (inklusive Lasergeräte, hallelujah!), passende Stillunterwäsche, eine gute Brustwarzenpflege, ganz viel vorgekochtes Essen und so wenig Stress und Besuch als möglich. Das ultimative Wohlfühlprogramm für den Stillstart.

Denn nicht alles ist wunderbarst am Stillen. Es gab schmerzvolle und nervtötende Momente.

Wenn man so müde ist, dass man nicht bemerkt, dass das Kind nachts nuckelt und am Morgen dann das Fiasko entdeckt, respektive schmerzlich zu spüren bekommt. Oder wenn die ersten Zähnchen durchbrechen. Gebissen wurde ich zwar nur etwa ein bis zwei Mal, aber das reichte dann auch.

Ansonsten genoss ich das Stillen sehr. Diese tiefe Verbindung zu spüren, dieses ganz innige Kuscheln und diese besonderen Momente mit dem noch kleinen «Gschöpfli» aufzusaugen. Wenn sich die kleinen Händchen an einem festklammern, das Köpfchen schier unter dem Shirt oder Pullover verschwindet, man für einen kurzen Moment wieder «eins» wird. Wenn der Milchfluss einsetzt und die perfekt körperwarme Immun-Superpower-Milch in dieses kleine Menschlein fliesst und es grösser und stärker werden lässt.

Diese magischen Augenblicke, wenn das Baby immer wieder absetzt, einen mit grossen verliebten Augen anschaut und anlächelt – unbezahlbar!

Das und vieles mehr habe ich ganz fest und mit jedem Zug für immer in meinem Herzen abgespeichert.

Nebst den vielen emotionalen sowie für die Bindung wichtigen Aspekten, ist es auch einfach sehr praktisch. Das Essen quasi immer dabei zu haben, mit zwei kleinen Kids immerhin auf etwas Gepäck zu verzichten, sowie etwas Geld für Milchpulver zu sparen und die beste und schnellste Beruhigungs- und Einschlafhilfe immer on Point zu haben. Das freute auch den Erstgeborenen. So blieb gleich mehr Quality Time für ihn und mich. Denn es braucht seine Zeit bis jedes Familienmitglied seinen Platz in der neuen Familienkonstellation gefunden hat.

Je älter das Kind war, umso mehr hat sich das Stillen auf wenige Momente im Tag reduziert.

Schlussendlich stillte ich nur noch nachts, wenn es krank war und vor allem zum Einschlafen. – Stillen ist auch mit Kleinkind immer noch sehr innig. Nach dieser langen Zeit ist man ein eingespieltes Team. Das Einschlafritual war deshalb immer super easy und für beide ein intensives Kuscheln, bevor es ins Land der Träume ging.

Das Bild vom Kleinkind, dass irgendwann und irgendwo einfach den Pulli der Mama hochhebt, an solche Momente kann ich mich nicht erinnern.

Ausserdem wollte ich irgendwann auch keine Stillklamotten mehr anziehen und tagsüber war die Milchbar dann einfach meistens zu – und wurde auch nicht verlangt. Zu Essen und Trinken gab es ja tagsüber ganz normal.

Dann kamen die Ferien im Wohnwagen. Wo das Kind nach den aufregenden und schönen Tage auf dem Campingplatz so geschlaucht war, dass es abends ganz erschöpft in sein Bett fiel. Da ich nicht wie Zuhause im Familienbett immer bei ihm lag, kam er gar nicht auf die Idee Mamamilch zu verlangen. Und so wurde die Milch Tag für Tag weniger. Bis dann nichts mehr kam. Erst zuhause kam ihm in den Sinn: Hey, da war doch noch was. Da er ja schon älter war, konnte ich ihm zum Glück gut erklären, wieso es nun keine Mamamilch mehr gibt. Erst war er etwas enttäuscht, aber dann war es auch schon gut. Der Zeitpunkt war einfach perfekt. Ich bin so dankbar für diese schöne Zeit inklusive Happy End.

Blöde Kommentare musste ich mir nie anhören. Es war mir ausserdem einfach egal, was andere dachten. Auch das habe ich durch das Mamasein gelernt: Mein Ding zu machen. Und nur, weil es bei mir so funktioniert, heisst das nicht, dass es bei den anderen ganz genauso sein muss. Wichtig ist, dass es für jeden selbst und seine Familie stimmt. So ist das Einzige was ich euch mitgeben möchte: Hört auf euer Herz! Und nicht auf andere.

 

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Bild: Hu Chen Unsplash

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