Starke Eltern: Umgang mit Wut

Wut ist ein starkes Gefühl. Wut wirkt überwältigend. Sie ist laut, abgründig tief, rasend schnell. Wut ist eine Kraft. Und genau so sollte sie auch verstanden werden. Unser Partner Kinderschutz Schweiz über einen guten ‚Umgang mit Wut‘.

Wenn wir Wut bewusst spüren, kann sie uns helfen, die eigenen Grenzen zu achten. Für sich selber – und für andere einzustehen. Sie ist Änderungskraft. Kann dazu beitragen, Dinge zu ändern, die nicht mehr stimmig sind, etwas Neues zu wagen.

Wut kann aber auch dazu verleiten, unüberlegt zu agieren oder zu reagieren. Handlungen, die man im Nachhinein bereut. Gerade im Umgang mit Kindern ist es wichtig, sich der eigenen Wut zu stellen.

Warum wir manchmal wütend werden

Wut entsteht, wenn

  • unsere Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden
  • wir uns überfordert fühlen
  • wir übergangen werden.
    Auch Kränkungen, Beleidigungen und Ungerechtigkeiten führen oft zu Wut.

Ein Wutausbruch kommt selten aus dem Nichts. Auch wenn sich das häufig so anfühlt. Doch das Wutgefühl steigt oft schrittweise bis «auf 180», bis es dann «chlöpft».

Wenn wir morgens verschlafen zum Beispiel und uns das den ganzen Tag nachgeht. Den Kaffee verschütten, die Kinder zu spät in die Schule schicken. Selber zu spät zur Arbeit kommen. Die Mittagspause deswegen zu kurz ist. Dann vertragen wir selber nicht mehr viel. Oder wenn der Zug ausfällt, wir schon genervt nach Hause kommen und das Kind dann nicht kooperiert.

Wichtig: Die Steigerung erfolgt schrittweise. Und ebenso ist auch der Ausstieg aus der Wut möglich, wenn wir uns ihrer rechtzeitig bewusst werden. Der entscheidende erste Schritt ist: Ich muss mich selber wahrnehmen und merken, dass es in mir brodelt.

Wenn ich mich selber beobachten kann, ist mit der Wut noch ein zweiter Anteil aktiv, den man als bewusstes Ich oder Bewusstsein bezeichnen könnte. Und das ist eigentlich der erste Notausstieg.

Oft setzen wir diesen Teil zu stark voraus, obwohl er genau in diesen Situationen nicht selbstverständlich ist. Nur, wenn das bewusste Ich aktiv ist, sind wir überhaupt in der Lage, so etwas wie eine Entscheidung zu fällen, werden wir nicht einfach überrollt. Im Laufe der Wutsteigerung können wir uns entscheiden, irgendwann die Notbremse zu ziehen. Das kann bei 50, 80 oder 179 sein.

Es ist unsere Entscheidung und es ist unsere Aufgabe als Eltern, den Notausgang zu finden, bevor wir überreagieren und beispielsweise das Kind schlagen.

Eine gute Möglichkeit, den Notausgang zu finden, sind Handlungsalternativen. Davon gibt es viele. Wir müssen nur unsere eigenen finden.

Handlungsalternativen zur Wut

Kinderschutz Schweiz hat auf ihrer Webseite Handlungsalternativen für Eltern aufgelistet: Link zu Handlungsalternativen

Es sind Ideen, wie die Eltern das Hochsteigen von Wut stoppen können, bevor sie die Kontrolle über ihr Verhalten verlieren. Dabei gilt immer: Alle Gefühle sind erlaubt und akzeptiert – aber nicht alle Handlungen.

Es lohnt sich, in einer ruhigen Minute über die eigenen wunden Punkte nachzudenken, also Bemerkungen und Verhaltensweisen, die mich als Elternteil wütend machen.

Denn nur, wenn ich meine wunden Punkte kenne, kann ich sie auch in Wutsituationen wieder erkennen.

Wenn sich Wut einmal gelegt hat, ist es sinnvoll, die erlebte Situation aufzuarbeiten. Dabei können wir uns Gedanken über unsere Bedürfnisse machen oder über unseren Umgang mit Stress, also darüber, wie wir besser zu uns selber schauen können.

Wenn es trotzdem mal kracht

Trotzdem kann es vorkommen, dass es mal kracht. Kinder sind verunsichert und verletzt, wenn seitens der Eltern Aggressionen im Spiel sind. Sie reagieren je nach Alter und Persönlichkeit mit Angst, Aggressivität oder Ablehnung. Oft sehen sie die Schuld bei sich – unabhängig davon, ob das korrekt ist. Aber selbst wenn aus Elternsicht die Kinder Auslöser von Wut waren, so haben doch die Eltern die Verantwortung, die Situation aufzulösen.

Wenn es kracht, ist es an den Eltern, den nächsten Schritt zu tun. Indem sie sich entschuldigen und den Vorfall anschliessend mit dem Kind in Ruhe besprechen. Dazu gehört, die Situation zu erklären und dem Kind zu sagen, dass es keine Schuld trägt und dass wir als Erwachsene die volle Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen. Unterstützend für das Kind ist auch, wenn es gefragt wird, wie es ihm in der Situation gegangen ist.

Wenn sich solche Situationen häufen, sollten die Eltern mit jemandem von aussen darüber reden und sich Hilfe holen.

Auch Kinder dürfen wütend sein

Auch Kinder sind dann und wann wütend. Für Eltern kann ein Wutausbruch ihrer Kinder, gerade auf öffentlichen Schauplätzen wie im Supermarkt, oder wenn er sie in einem «ungünstigen Moment» erwischt, sehr unangenehm sein.

Wichtig ist, sich in solchen Situationen bewusst zu werden, dass das Kind die Eltern mit seiner Wut nicht ärgern will.

Der Gedanke «Das Kind kämpft für sich, nicht gegen mich!» kann helfen, die Situation mit anderen Augen zu sehen und den Wutanfall nicht persönlich zu nehmen.

Wut bei Kindern ist häufig ein Zeichen von Hilflosigkeit. Aufgrund ihrer sich noch im Aufbau befindenden Strukturen im Gehirn können Kinder ihre Wut noch nicht bewusst steuern. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Eltern in diesen Momenten ruhig reagieren und sie aus der Wut begleiten.

Das kann dabei helfen:

  • Ruhe, Gelassenheit, Klarheit
  • Ablenkung durch Szenenwechsel oder neues Angebot (z. B. ein gemeinsames Spiel)
  • in den Arm nehmen, körperliche Nähe anbieten. Manchmal braucht Wut auch Raum. Es ist wichtig, auch das zu akzeptieren und trotzdem in der Nähe zu bleiben, z.B. im gleichen Raum. Vielleicht übt sich das Kind gerade in Selbstregulation.
  • nach dem Wutanfall für ruhige und entspannte Atmosphäre sorgen, dem Kind Nähe vermitteln

So kann Wutanfällen von Kindern vorgebeugt werden:

  • dem Kind Zeit geben, sich auf neue Situationen einzustellen
  • aufgestellte Regeln und Vereinbarungen auch selber einhalten
  • schwierige Situationen, die immer wieder vorkommen, vorbesprechen
Starke Eltern – Starke Kinder®

Basis für diesen Text ist unsere Zusammenarbeit mit Kinderschutz Schweiz und dem Elternkurs Starke Eltern – Starke Kinder®, der auf der anleitenden Erziehung beruht. Gemeinsam publizieren wir praktische, hilfreiche Blogartikel rund ums Erziehen. Dabei fokussieren wir nicht auf Tipps, wie ihr das Verhalten von Kindern beeinflussen könnt. Sondern darauf, dass ihr als Eltern gestärkt und ermutigt werdet.

Eine liebevolle und aufmerksame Haltung gegenüber den Kindern steht im Vordergrund, ebenso das Vermitteln von Werten, Regeln und Normen. Die Eltern werden darin bestärkt, ihre Verantwortung als Erziehende wahrzunehmen, indem sie ihre Kinder respektvoll und liebevoll anleiten und begleiten. Dabei achten sie stets die Rechte, die Bedürfnisse und die Persönlichkeit der Kinder.

Starke Eltern – Starke Kinder® ist ein Elternkurs, entwickelt vom Deutschen Kinderschutzbund. Aktuell finden die Kurse online statt.

Informationen zum Kurs | Übersicht aktuelle Kurse

Bild: Annie Spratt Unsplash

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