«Kinder sind eine unterschätzte Menschengruppe», befand ich bereits als Jugendliche, die gerne Kinder hütete und Kindergruppen leitete. Darum lautete meine Antwort auf die Frage, was ich denn mal werden möchte, wenn ich gross bin, immer:
«Etwas mit Kindern.»
Das bin ich auch geworden.
Alles begann mit dem Psychologiestudium in Bern. Gegen Ende des Studiums tauchte der Wunsch nach eigenen Kindern auf, den mein Mann und ich – jung und blauäugig, wie wir waren – ganz entspannt Realität werden liessen, besser: Realität werden lassen durften. In den darauffolgenden fünf Jahren brachten wir vier Kinder, Studiumsabschluss und Berufseinstieg unter einen Hut und im Nachhinein erklären wir uns für verrückt und nicht ganz dicht.
Nach dem Studium folgte die Ausbildung zur Psychotherapeutin, die ich noch vor der anstehenden Pubertät meiner Kinder abschliessen wollte. Die Pubertät begann, der Abschluss gelang, doch nicht ganz in der Reihenfolge, wie von mir geplant – frei nach John Lennon:
«Leben ist das, was passiert, während wir eifrig dabei sind, Pläne zu schmieden».
Mittlerweile arbeite ich in eigener Praxis als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Ich begleite und unterstütze Kinder, Jugendliche und ihre Eltern, wenn sich das Leben nicht so entwickelt wie erhofft. Wenn psychische Krankheiten auftauchen, wenn das Schicksal es nicht gut meint, Lebensnot gross und überwältigend wird, die Entwicklung nicht so abläuft, wie bei den meisten anderen Kindern. Ich liebe meine Arbeit. Umso mehr, wenn ich die Menschen, die ich dabei kennenlerne, gesünder, gestärkter und selbstbewusster wieder verabschieden darf.
Ebenso – und mehr – liebe ich meine vier mittlerweile (fast) erwachsenen Kinder. Unser gemeinsames Leben ist voller Freude, Mühe, Auseinandersetzungen, Vertrauen, Beziehung. Auch wenn uns die Welt mit all ihren Sorgen und Schwierigkeiten oft aufs Gemüt schlägt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowieso unmöglich ist, immer mal wieder jemand zurückstecken muss, lasse ich doch den Glauben nicht los.
Den Glauben daran, dass es mit solchen jungen Menschen viel Gutes geben wird in der Zukunft.
Dafür müssen sie nicht «perfekt herausgekommen» sein, sondern einfach ihr Leben leben, mit Blick auf sich und die Menschen um sie herum. Als ihre Mutter versuche ich mir immer wieder bewusst zu machen, dass ich mein Bestes gegeben habe und das gut genug war. Nach wie vor genug ist.