Kindergeburtstage sind aus dem Familienprogramm nicht mehr wegzudenken. Sie sind aber irgendwie anstrengend geworden. Weniger ist daher das neue Viel.
Es braucht einzig eine Torte. Meine Torte.
Ich gehöre noch zur Vorgeburtstagsfeiergeneration. Das heisst, in meiner Generation hatten noch die wenigsten Eltern das Geld, ihren oft zahlreichen Kindern eine Geburtagsparty auszurichten. Man bekam ein kleines, nützliches Geschenk und fertig. Von Oma gab es eine Tafel Schokolade und einen Fünfliber. Das war grausam viel Geld. Und das kam in die Spardose.
Von Torte und Tamtam also keine Spur.
Wir gratulierten einander nicht und keinem wäre es in den Sinn gekommen, ein Lied zu singen. Schon gar nicht so was ausländisches, englisches, das in meinen Ohren immer so kitschig klingt und ich mir an meinem eigenen Geburtstag verbitte. Ich will nicht besungen werden. Ich bin altmodisch.
Wir griffen uns an den Hals und würgten uns liebevoll, bis wir keine Luft mehr kriegten. Das war unsere Art von Liebesbeweis an einem Geburtstag. Klingt barbarisch, aber wir mochten es. Bis ich eigene Kinder hatte, hatten sich die Gepflogenheiten geändert. Ich mochte diese Änderung nicht.
Doch blosses Würgen ging nicht mehr.
Kindergeburtstage wurden, waren, sind und bleiben mein Alptraum schlechthin.
Bis heute kann ich ihnen nicht viel abgewinnen. Für Mütter bedeuten sie in erster Linie Stress.
Meine Kinder wurden aber dauernd an Geburtstage eingeladen und wollten da auch hin. Das hiess, ihre Kameraden dann gegeneinladen zu müssen. Bei etwa zehn Einladungen pro Kind und Schuljahr waren das bei drei Kindern rund dreissig Einladungen, dreissig Geschenke und auch wieder haufenweise Kinder bei uns zuhause.
Ein Haufen nicht von mir erzogene Kinder einen ganzen Nachmittag zu beaufsichtigen und zu bespassen, war aber einfach nie mein Ding. Darum bin ich auch nicht Kindergärtnerin geworden.
Ich hatte auch keinen Bock auf allergische, glutenfreie, zöliakische Kinder und entsprechend mehrere Sorten Verpflegung, weil mein eigenes Kind schon eine Laktoseintoleranz hatte.
Liebe Freundinnen, was hättet ihr getan?
Ich riss die Notbremse. Ich wurde asozial.
Wir einigten uns auf maximal drei Feten, die sie besuchen durften. Hatten unsere Kinder Geburtstag, durften sie ebenfalls nur drei Kinder einladen. Zwei Stunden. Mehr nicht. Wir organisierten dann keinen Clown, zeigten den Kindern keinen Film, gingen nicht mit ihnen zu McDonalds oder in den Freizeitpark, und wir machten kein Spezialprogramm. Wir hielten es einfach. Ich war mit einer Horde Kinder allein, da musste ich dafür sorgen, einigermassen die Übersicht behalten zu können.
Wir machten ein Spiel oder spielten draussen Verstecken und fertig. Es gab keine Gummibärchen, kein Eis, keine Geschenke für die Gäste, nichts. Nicht weil ich geizig bin. Sondern weil die hiesigen Kinderzimmer überfüllt sind.
Es gibt kaum noch Kinder, die materiellen Mangel leiden.
Aber ein Kuchen oder eine Torte? Das hingegen fand ich okay. So wurde das geniale Rezept meiner Schwägerin zum Highlight zahlloser Geburtstage. Echt jetzt. Simpel, einfach, gut, ohne Stunden in der Küche stehen zu müssen.
Kinder sind nämlich weder Restauranttester noch Gourmands.
Meine Torte kriegt man in einer halben Stunde fertig, wenn man einmal routiniert ist, das Rezept auswendig kennt und die Handgriffe sitzen. Dreissig Minuten. Ein Klacks. Und man kann sie enorm variieren. Mit Ananas, Birnen, Pfirsichen oder Beeren, je nach Saison.
Es braucht keine exklusiven Zutaten.
Sie schmeckt, sieht gut aus, und Kinder lieben sie. Bis heute ist sie Standard in meiner Familie. Und als ich einmal genug davon hatte, immer diese Torte herzustellen und am Geburtstag meiner Tochter einfach im Supermarkt eine Obsttorte kaufte, hat meine Tochter mir das nur schwerlich verziehen:
«Für alle anderen hast du eine gemacht. Nur für mich nicht!»
Noch heute habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich daran zurückdenke.
Ich habe diesen unverzeihlichen Fehler wieder gut gemacht.
Mit einer besonders grossen Torte.
Und ich habe mir vorgenommen, ich werde ihr diese Torte jedes Jahr kreieren, so lange ich dazu in der Lage sein werde.
Hier findest du das Rezept (inkl. vegetarische Version):
Redaktionsassistentin, Autorin, Mutter von drei erwachsenen Kindern und Oma einer Schulkind-Prinzessin und eines süssen kleinen Enkels. Schamgefühle sind nach so einer Mutter-Karriere wie der ihren kein grosses Thema mehr. Sie hat nicht immer Recht. Aber sie liegt selten falsch.