Die Effizienz bei Spaziergängen hat definitiv nachgelassen. Zumindest, was die Kilometeranzahl betrifft. Während ich mit Baby im Wagen noch motiviert sportliche Runden drehte, hat sich der Radius mit den langersehnten ersten Schritten von K1 einerseits eingeschränkt.
Andererseits, muss man fairerweise sagen. Auch erweitert:
Um fremde Garageneinfahrten und weitere interessante Orte wie Büsche, Kuhweiden und Eingänge von Altersheimen.
Aufgrund des unbändigen Entdeckerwillens von K1 war ich gar nicht unglücklich darüber, dass sich das Kind wenig bis gar nicht für rollende Fortbewegungsmittel interessierte. Denn obwohl seine Laufgeschwindigkeit mit so kleinen Beinchen überraschend schnell war – ich war schneller. Und nonstop damit beschäftigt, K1 effizient aus Gefahrenzonen und kinderfreien Zonen zu entfernen. Hätte K1 sich da bereits für einen fahrbaren Untersatz interessiert? Ich wäre Bodyguard auf verlorenem Posten gewesen.
Lange wusste ich gar nicht, dass es Kinder gibt, die Grösse 74 tragen und bereits so auf dem Scooter unterwegs sind, als wären sie damit zur Welt gekommen. Bis mir eines Tages ein solches Kind damit um die Füssen gedüst ist.
Das war das erste Mal, an dem ich in aller Deutlichkeit vor Augen geführt gekriegt habe, dass mein eigenes Kind nicht in allen Bereichen hochbegabt sein wird.
Es trug nämlich bereits Grösse 98, sass gemütlich im Kinderwagen und der Scooter, den wir ihm zum ersten Geburtstag geschenkt hatten, sah noch genauso unbenutzt und neu aus wie damals.
Irgendwann wird man entspannter bei Dingen, die das eigene Kind (noch) nicht kann. Sich auf fahrbaren Untersätzen fortbewegen – auch K1 würde einmal merken, welche Welt sich einem mit Rädern unter den Füssen eröffnt. Bis es soweit wäre, stellten wir ihm eine ganze Palette an kleinen, mittelgrossen und grossen Laufräder zur Verfügung. Und aus allen wuchs K1 heraus, ohne je damit herumgefahren zu sein.
Gerade als meine Entspanntheit drohte, in Sorge umzuschlagen, packte das Kind eines Tages seinen Scooter und begann damit herumzufahren, als hätte es nie was anderes getan.

Und obwohl meine Freude darüber gross war, fast noch grösser war die damit verbundene Sorge, als ich sah, wie halsbrecherisch solche Fahrten sein können. Und ich dankte Gott dafür, dass K1 sich so lange den Vehikeln verweigert hatte.
Durch die neuen Fertigkeiten von K1 motiviert, wandte ich mich der nächsten Challenge zu: Fahrräder!
Und kaufte ihm hochmotiviert ein erstes Occasion-Velo mit Pedalen. Etwas zu gross. Etwas zu kompliziert. Etwas zu ambitioniert – meinerseits. Entsprechend steht es in der Garage. Und wartet noch auf seinen grossen Auftritt.
Doch K1 kriegt langsam Feuer unter dem Hintern.
Inzwischen hat sich K2 die Fertigkeiten zum Laufradfahren angeeignet. Hui. Nicht gut. Denn K1 mag es gar nicht, von seiner kleinen Schwester eingeholt beziehungsweise überholt zu werden. Und ich stand vor der grossen Frage: Muss ich meinem Kind mit seinem unbenutzten Lauf- und Fahrradverschleiss tatsächlich noch ein weiteres Mal ein passendes Laufrad kaufen? Oder soll es einfach Scooten, solange es lebt?
Ein Highwaygangster hat mir den Entscheid abgenommen.
Highwaygangster ist kein Typ, sondern ein krasses Ding, welches optimal auf die Bedürfnisse meines Sohnes zugeschnitten zu sein schien. Es ist nämlich Scooter und Laufrad in einem.
Stolz wie Anton düste K1 mit seinem neuen Scooter durch die Gegend. Und informierte jeden, der ihm vor die Räder kam, über sein neues Gefährt: «Lueg mal, was-i cha mache!», damit begann die Demo. Knöpfchen schieben, schwungvoll drehen und voilà, wie ein Zauberer steht K1 vor seinem verwandelten Gefährt und wartet auf Applaus.



Zwei in eins. Ein wahnsinns Vorteil für Mütter mit Kindern wie K1. Nach wie vor versucht sich K1 im Laufradfahren. Noch hat er den Dreh nicht ganz raus. Ist also die Frustrationstoleranz erreicht – weil die kleine Schwester überholt hat – kann sich das Ding wie von Zauberhand in einen altbewährten Scooter zurück verwandeln. Und das Schöne an der Geschichte: Aus diesem Laufrad aka Scooter wird das Kind nicht so schnell rauswachsen – 100kg Maximalgewichtsbelastung, da liegt noch viel drin.

Hat nicht nur den Master in Psychologie. Sondern ist auch Master im Desaster, was ihr als Aufsichtsperson von vier Kindern sehr gelegen kommt. War mal Journalistin in Zürich, jetzt ist sie freischaffende Mutter in Bern.