Für die Bilder dieses Beitrags haben wir mit Vertbaudet zusammen gearbeitet
Wir homeschoolen, ja. Aber das alles in Zyklus eins, sprich Kindergarten bis zweite Klasse. Bisschen Feinmotorik, Buchstaben und Zahlen – selber bin ich sattelfest in den Themen. Einzig das Einmaleins macht mir etwas Bauchweh – doch auch da zeichnet sich ab, dass das wohl tatsächlich beibringbar ist. Alles in allem würde ich mich kaum als Expertin fürs Homeschoolen bezeichnen, sondern berichte euch einfach, wie wir das machen. Ihr habt eure Fragen geschickt, diese beantworte ich in diesem Artikel.
Immer auf der Suche nach Inspiration
Als Homeschooler-Eltern sind wir immer auf der Suche nach Dingen, die unseren Kindern das Lernen ermöglichen. Mit unserem Partner Vertbaudet (Werbung) haben wir viele tolle Möglichkeiten gefunden, um ein schönes Lernambiente zu gestalten.
Wir schätzen die breite Auswahl an Lernspielsachen, die schönen Kindermöbel für den Homeschoolstart so wie die passenden Kleider – inklusive personalisierbaren Malschürzen. Bald schon dürfen wir – ebenfalls in Zusammenarbeit mit Vertbaudet – etwas aus dem grossen Sortiment an euch verschenken.
Meine Motivation habe ich HIER festgehalten. Wer mehr wissen will übers Homeschoolen in der Schweiz generell, der muss dorthin gehen, wo Menschen schreiben, die deutlich länger und intensiver dabei sind. Zum Beispiel HIER.
Homeschoolen, wie macht man das?
Homeschoolen unterscheidet sich insofern vom üblichen Schulsystem, dass die Kinder nicht zur Schule gehen und die Eltern die gesamte Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder übernehmen. Wie sie das machen ist grössteils ihnen überlassen.
Ich glaube, als Homeschooler-Eltern muss man sehr genau wissen, wie man funktioniert. Sehr viel suchen, welche Wege man wählen kann und muss, um den Kindern das benötigte Wissen zu vermitteln. Das kann sehr strukturiert geschehen, oder auch eher im Freilerner-Stil. Weil so viel von einem selbst abhängig ist, ist jede Homeschool-Familie ein wenig anders. Und DEN Weg, Kinder zu homeschoolen, gibt es so nicht.
Wie schaut so ein Homeschooling-Tag aus?
Jemand hat mal gesagt «Bei euch Homeschoolern fühlt sich jeder Tag wie ein Ferientag an». Ich glaube, das beschreibt schon viel von dem Groove, der durch das Homeschoolen entsteht.
Wir stehen aktuell auf, wenn wir wach sind (das ist leider eher früh). Frühstücken. Je nach Wochentag und Wochenplanung steht etwas anderes an. Ich lege den Fokus beim Homeschoolen aktuell nicht auf das Unterrichten, sondern versuche, kleine Einheiten zu schaffen, in denen grössere Themen vertieft werden. Dies kann mittels Geschichte erzählen, mittels Bastelprojekt oder auch einem spielerischen Zugang zum Rechnen/Lesen/Schreiben passieren. Ansonsten lasse ich den Kindern viel Raum für das, was sie gerade interessiert und versuche, sie darin zu anzuleiten, zu unterstützen (wenn sie mich brauchen).
Ausserdem habe ich mir die Haltung angeeignet, dass jede Alltagssituation mit den Kindern zugleich eine Lernsituation sein kann. Wenn wir an einem Feld vorbei gehen, mache ich sie darauf aufmerksam. Zum Beispiel, dass der Bauer im letzten Jahr etwas anderes angepflanzt hat. Frage sie, warum wohl. Oder frage sie, was hier wächst. Ich mag so intuitive Lernsituationen, mag es, Gespräche am Mittagstisch mittels Googlerecherche zu vertiefen. Insofern findet hier einfach Familienalltag in ausgedehnterem Ausmass statt.
Wie machst du das mit kleinem Kind nebenbei?
Wir haben uns im Rahmen unserer gesamten Arbeits- und Familiensituation dafür entschieden, ein Au Pair anzustellen. Entsprechend ist häufig jemand da, der die Kleineren beaufsichtigt (und bespasst), während man mit den Grösseren etwas machen kann.
Woher nimmst du die Zeit für eine so grosse Aufgabe? Kann man da überhaupt noch arbeiten? Wie teilt ihr euch das auf?
Die Zeit ergibt sich daraus, dass wir diesen Lebensstil als Priorität behandeln und entsprechend Zeit dafür investieren, die andere vielleicht für andere Dinge nutzen. Ausserdem muss man sich bewusst sein, dass auch die Volksschule zeitintensiv oder stressig sein kann für Eltern.
In der Planung nehme ich mir Zeit, mich mit dem Jahr, dem Lehrplan21 und den zu erreichenden Kompetenzen auseinander zu setzen. Ich plane Themen, suche mögliche Formen der Vertiefung. Mein Mann übernimmt den Part mit der Administration und den offiziellen Lehrmitteln. Homeschoolen ist bei uns ein Familienprojekt. Geschieht auch in den Ferien oder am Wochenende. Und ja, es bleibt Zeit zum Arbeiten, wenn man sich entsprechend organisiert.
Was braucht es, um die Kinder selber zu unterrichten?
Das ist kantonal geregelt. In Zürich braucht man das Lehrerpatent, in Bern reicht eine Begleitperson mit entsprechender Ausbildung und die Bewilligung des Schulinspektors.
Umfassend jedoch braucht es eine innere Überzeugung, es braucht Freude am Zusammensein mit den Kindern, die Neugier, die Flexibilität und den Mut, sich auf einen völlig anderen Lebensstil einzulassen. Standfestigkeit was diesen Lebensstil betrifft. Ausdauer, gerade weil man sich vieles selber aneignen muss. Geduld, wenn Dinge anders laufen als gedacht. Viel Achtsamkeit, weil man den Kindern im Alltag so viel natürlich beibringen kann.
Wie seid ihr zum Homeschooling gekommen?
Ausgelöst durch verschiedene DOKs im Fernsehen (Unschooling, Homeschooling) haben wir begonnen, uns mit dem Schulsystem auseinander zu setzen und nach und nach eine grosse Sympathie fürs Homeschoolen entwickelt. Wir haben dadurch auch mit diversen Leuten gesprochen, die das bereits machen, hätten jedoch kaum den Mut aufgebracht, das wirklich umzusetzen.
Was sind die Gründe dafür?
Hui, das würde einen ganzen Blogpost füllen… ein bisschen kann man in diesem Artikel nachlesen. Der erste Grund, warum wir’s effektiv machen, ist, dass unser Kind das Schulsystem zwar super fand, ihm jedoch die Situation mit so vielen Kindern in einem Raum über so lange Zeitspannen schlicht zu viel war. Wir waren gezwungen, uns Alternativen zu überlegen.
Grundsätzlich haben wir uns bereits im Vorfeld sehr viele Gedanken dazu gemacht und hätten sehr gerne gehomeschoolt. Warum? Beispielsweise:
1) Effizienz des Homeschoolens gegenüber den vielen Wartezeiten innerhalb des Schulsystems (1:1- vs 1:25-Betreuung)
2) Dadurch den Kindern mehr freie Zeiten ermöglichen, in denen sie ihren Interessen nachgehen oder einfach spielen können
3) Die Faszination, natürliches, aus sich selbst heraus passierendes Lernen zu ermöglichen und so die Freude am Lernen zu behalten und vor allem, das eigene Potenzial auf eine komplett umfassende Art ausschöpfen zu können
4) Die Flexibilität als Familie; diese ganze Palette an Möglichkeiten, die sich eröffnet, wenn man nicht an fixe Zeiten gebunden ist; eine komplett andere Art, Familienalltag zu leben.
(Übrigens gibt es hier eine spannende Auflistung weiterer, möglicher Gründe)
Gibt es Kontrollen von Behörden / eine Überprüfung der Lernziele?
Wer eine Homeschool-Bewilligung im Kanton Bern möchte, den erwartet der Besuch des Schulinspektors zuhause. Er macht sich ein Bild von Eltern, Kind und Lernumfeld. Jede Familie muss ausserdem von einer Lehrperson begleitet werden, die die Verantwortung dafür übernimmt, dass das Kind die nötige Bildung erhält. Eine jährliche Sitzung mit Schulinspektor, verantwortlicher Lehrperson und Eltern für die Standortbestimmung ist vorgesehen.
Wie war das mit der Bürokratie?
Wir waren sehr dankbar für erfahrene Homeschool-Eltern, die uns wichtige Informationen und Tipps gegeben haben. In Bern erhält man die Bewilligung für das Homeschoolen sicherlich einfacher als in anderen Kantonen. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass man viele Prozesse, die ins Schulsystem integriert sind, selber bewältigen muss (zB Wahl der Lehrmittel, Schulzahnarztbesuch, etc.).
Wie schaut das finanziell aus? Müsst ihr dem Kanton etwas abgeben, weil sie nicht zur Schule gehen?
Eher umgekehrt 😉 – unser Kind kostet ja dem Staat auf schulischer Ebene nichts. Als Homschooler sind wir umfassend selber für alles verantwortlich und müssen auch finanziell für alles aufkommen. Lehrmittel, Bastelmaterial, Kurse, Exkursionen, Hobbies – da stellt sich natürlich immer die Frage, wie viel man effektiv investieren kann und muss.
Welche Nachweise kann man bringen, wenn man zB auf Lehrstellensuche ist?
Falls wir wirklich bis Ende Schulzeit Homeschooler bleiben, werden wir – wie andere das bereits tun – uns darum bemühen, dass unsere Kinder offiziell anerkannte Prüfungen ablegen oder Zertifikate erwerben, die als Leistungsnachweis dienen. Beispielsweise ein First in Englisch. Ansonsten hat man ja keine Zeugnisse – wir glauben, dass unsere Kinder durch das spezifische Fördern von ihren Interessen einen grossen Wissensvorsprung auf ihrem gewünschten Fachgebiet aufweisen können und entsprechend auch keine Mühe haben werden, eine Lehrstelle zu finden. Auch glauben wir, dass die Welt in fünfzehn Jahren bezüglich alternativen Ausbildungen nochmals ein Stück offener sein wird.
Wie seht ihr die Zukunft der Kinder?
Sehr positiv. Wir sind überzeugt, dass die Kinder alles nötige Wissen vermittelt kriegen und vor allem intensiver ihren Interessen nachgehen können und somit grössere Kompetenzen aufweisen in ihren Fachgebieten. Zudem lernen sie intrinsisch motiviert, sind besser in der Lage, sich Wissen anzueignen, als würden sie nur einer Note wegen Wörter lernen. Insofern glauben wir, dass sie keine Probleme haben werden, Lehrstellen oder den Anschluss an weiterführende Schulen zu finden.
Hast du nie Angst, dass dem Kind die Schulgspändli fehlen?
Mol, immer wieder mal. Einerseits fehlen sie, weil der regelmässige, spontane Kontakt mit Kindern weniger vorhanden ist. Andererseits bin ich manchmal auch froh darum, weil das Zusammensein mit Gleichaltrigen auch sehr anstrengend und nicht immer nur einfach sein kann.
Wie pflegt ihr Kontakt zu anderen Kindern? Wie gestaltet ihr den sozialen Austausch mit Gleichaltrigen?
Wir sind bemüht, dass unsere Kinder regelmässigen Kontakt mit Gleichaltrigen haben. Indem wir sie gemäss ihren Interessen für Kurse oder Hobbys anmelden, indem wir Kontakte mit anderen Homeschool-Familien und anderen Familien pflegen.
Wie handelt ihr, wenn das Kind keinen Bock auf Lernen hat?
Aktuell wissen die Kinder bereits mehr, als sie gemäss Lernzielen müssten. Insofern sind wir (noch) entspannt und versuchen, die Momente zu nutzen, in denen die Motivation gross ist. Wir haben ja nicht wie die Fernlern-Eltern während Corona den Stress, dass das Kind am Ende des Tages einen ausgefüllten Zettel abgeben muss. Sie müssen einfach bis Ende Schuljahr alles Notwendige intus haben. Wie das dann mit neuen und womöglich schwierigeren Fächern aussehen wird – da bin ich schon gespannt, wie sich das entwickeln wird.
Was sagst du, wenn sie fragen, warum sie nicht in die Schule gehen, die anderen aber schon?
Ihnen ist bewusst, dass sie Homeschooler sind und die meisten um sie herum nicht. Diesen Entscheid haben wir nicht ohne sie getroffen und sie mehrmals nach ihrer Meinung gefragt. Grundsätzlich bevorzugen sie das Lernen zuhause, auch wenn es manchmal lässig wäre, in die Schule gehen zu können. Ich denke, es geht ihnen da ungefähr ähnlich wie mir. Ein bisschen ambivalent bleibt man vielleicht einfach – schlicht, weil die grosse Mehrheit einen anderen Weg wählt als wir.
Wie wäre das, wenn das Kind unbedingt zur Schule gehen möchte?
Wir sind offen dafür, dass wir die Kinder wieder offiziell einschulen, wenn das von ihnen so gewünscht wird und wir den Eindruck haben, dass sie den Schulalltag gut bewältigen können.
Wie lange planst du, das zu machen?
So lange wie nötig.
Liest du dich ein oder bildest du dich weiter?
Wo Bedarf da ist, ja.
Hast du keine Angst, etwas zu verpassen, weil du keine pädagogische Ausbildung hast?
Nein, bisher nicht. Wenn ich an den Schulstoff bis zur fünften Klasse denke, bin ich relativ entspannt. Alles weitere lasse ich auf mich zu kommen und werde mir entsprechende Unterstützung einholen, wenn ich merke, dass ich einem Kind und/oder Lerninhalten nicht mehr gerecht werden kann.
Kannst du deine Kinder auch aus ‚Lehrerperspektive‘ betrachten?
Wahrscheinlich nicht. Frage: Muss ich das? Ich betrachte meine Kinder als Mutter. Ich möchte sie mit jeder Faser meines Seins fördern darin, sich selbst zu entdecken und das Entdeckte auszudrücken. Insofern bin ich so oder so sehr achtsam. Weil ich offiziell mehr ‚Lehrverantwortung‘ habe als üblich, ist es mir umso mehr ein Anliegen, dass meine Kinder auf dem Stand ihrer gleichaltrigen Kollegen sind. Doch ich versuche auch, sehr entspannt darüber zu sein, wenn sie das noch nicht wären. Weil ich daran glaube, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat – und mit diesem Tempo sehr wohl ans Ziel kommt.
Homeschooling braucht viel Geduld und Zeitaufwand. Wie kommt ihr damit zurecht?
Kinder sind grundsätzlich wissbegierig und lernwillig. Daher ist die Geduld aktuell noch nicht Thema. Viel Wissensvermittlung geschieht auch im unmittelbaren Alltag, indem wir Fragen bewusst und häufig mit dem Hintergrund des Homeschoolings beantworten. Indem wir selber wissbegierig sind. Indem wir Situationen schaffen, in denen Wissensvermittlung ‚einfach so‘ geschieht (zB Museumsbesuch, Besuch einer Burg, eines Imkers, etc.)
Die Planung braucht etwas mehr Zeit, doch die Umsetzung ist wesentlich effizienter als die Zeit, die die Wissensvermittlung in der Schule benötigt. 1:25 vs 1:1 Betreuung, da ist man einfach viel schneller durch mit Arbeitsblättern.
Wollt ihr bei allen vier Kindern Homeschooling machen?
Tendenziell ja, da zwei Systeme in einer Familie eher stressiger sind und man die Vorteile der jeweiligen Systeme so nicht ausschöpfen kann. Aber wir lassen das auf uns zukommen.
Müsst ihr euch oft gegen andere Aussenstehende über euren Entscheid rechtfertigen?
Viele haben beim Homeschoolen ein grosses Fragezeichen, wissen jedoch häufig sehr wenig darüber und haben sich kaum damit auseinander gesetzt. Entsprechend wenig Wissen haben sie dazu und äussern oft dieselben Befürchtungen. Je nach Rückfragen sind wir gerne bereit, unsere Beweggründe zu teilen, aber rechtfertigen mögen wir uns je länger je weniger, das kann auf Dauer ermüdend sein.
Hast du manchmal genug davon?
Nein. Im Bezug auf den Alltag nie. Was mich jedoch herausfordert ist, den individuellen Weg zu gehen. Einen Weg, der nicht vorgezeichnet ist. Die Ungewissheit, wie die nächsten Jahre werden und ob alles so aufgeht, wie wir uns das für unsere Familie und unsere Kinder wünschen. Diese Last würde ich je nach Intensität der Lebensphase manchmal gerne abgeben.
Glaubst du, das kann jeder, homeschoolen?
Ja. Irgendwie glaube ich das schon. Jeder kann das, der sich aktiv dafür entscheidet und im Bewusstsein dafür entscheidet, diesen Weg gemeinsam mit den Kindern gehen zu wollen. Weil sich dann auch Möglichkeiten auftun werden, wie man mit den eigenen Begabungen und Begrenztheiten, denen der Kindern und den gegebenen Voraussetzungen, diesen Entschluss umsetzen kann. Aber es braucht dieses Ja. Es braucht eine fundierte Basis für dieses Ja, es sollte gut durchdacht sein.
Der Raum für alles, was das Begleiten von Kindern beinhaltet: Liebevolles und Leichtes. Schweres und Schwieriges, Einblicke und Einsichten. Dieser Raum wird gestaltet von Nadine Chaignat. Gefüllt mit Podcast übers Muttersein, Menüs für Kinder, Humorvollem aus dem Mamaalltag.